Gewichtsabnahme & Gewichtszunahme Der ayurvedische Weg zu gesundem Gewicht
Die Frage nach dem richtigen Gewicht ist nicht nur eine Frage der Ästhetik. Für viele von uns ist sie längst ein Aspekt unserer Gesundheit und unseres Wohlbefindens.
Wenn Sie sich mit dem Thema Gewichtszunahme oder -abnahme beschäftigen, werden Ihnen die unzähligen Angebote von Diäten über appetitunterdrückende Medikamente bis hin zu Proteinpulvern sicherlich bekannt sein. Ob Sie damit Ihrer Gesundheit wirklich etwas Gutes tun, ist hingegen mehr als fraglich.
Suchen Sie statt Pillen und ständigen Gewichtsschwankungen lieber einen natürlichen Weg zu einem stabilen, gesunden Gewicht? Das über 3000 Jahre alte indische Medizinsystem Ayurveda bietet Ihnen individuelle, auf Ihre ganz persönliche Konstitution abgestimmte, Ernährungsempfehlungen und Behandlungsmethoden.
Nach Ayurveda sind die Voraussetzungen für Gesundheit und Wohlbefinden unter anderem eine richtige Ernährung und eine gut funktionierende Verdauung. Deshalb ist es wichtig vor der Behandlung von Krankheiten zuerst das Verdauungsfeuer, bzw. Agni zu stärken.
Um Ayurveda zu verstehen ist es wichtig die 5 großen Elemente (Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde) und ihre Eigenschaften und Wechselwirkungen zu kennen, denn jeder Mensch ist ein individueller Ausdruck dieser 5 Elemente (Mahabhutas) die sich in drei Bioenergien zeigen. Im Ayurveda wird unser Körperbau vor allem durch die in uns herrschende Ausprägung von drei Bioenergien (Doshas) bestimmt. Diese drei Energien sind einerseits Gegenspieler und andererseits ergänzen sie sich gegenseitig. Solange sie harmonisch miteinander im Einklang stehen, wirken sie auf allen Ebenen des Organismus zusammen, um Strukturen zu schaffen und Funktionen zu erfüllen.
Bei diesen drei Bioenergien handelt es sich um:
• Vata, das Prinzip der Bewegung, das vor allem im Nervensystem dominiert. Es ist das abbauende Element und steht für den Katabolismus.
• Pitta, das Feuerelement, welches vor allem die Verdauung dominiert. Es ist das transformierende Element und steht für den Metabolismus
• Kapha, das erdende, nährende, aufbauende und stabilisierende Element, welches vor allem für die Bildung von Geweben zuständig ist und steht für den Anabolismus.
Gerät nur eine der Energien aus dem Gleichgewicht, so betrifft dies den gesamten Körper und Krankheiten können entstehen. Auch bei Unter- oder Übergewicht liegt ein solches Ungleichgewicht der Doshas vor.
An welchen Symptomen erkenne ich, dass ich Übergewicht habe?
In den letzten Jahren hat sich als Hinweis auf ein gesundes Gewicht der BMI oder auch Body-Mass-Index durchgesetzt. Dieser setzt Ihre Körpergröße in Beziehung zu Ihrem Gewicht. Als statistische Größe kann der BMI erste hilfreiche Hinweise darauf geben, ob Ihr Gewicht von der Norm abweicht. Durch die Einbeziehung eines zweiten Wertes, den Taille-Hüftquotienten, THQ, wird die Aussagekraft des Body-Mass-Index noch deutlich gesteigert.
Darüber hinaus ist es zudem äußerst hilfreich, auch Ihr Beschwerdebild zu berücksichtigen. So sind die folgenden beispielhaften Symptome typisch für Fettleibigkeit oder einen zu hohen BMI:
• Atemlosigkeit nach körperlicher Betätigung
• Gelenkschmerzen
• (deutlich) erhöhtes Schlafbedürfnis
• Schnarchen
• Depressionen
• Erschöpfungszustände
Dauerhaftes Übergewicht erhöht Ihr Risiko auf einige gravierende Krankheiten, darunter
• das metabolische Syndrom
• Arthritis
• Diabetes
• Herzinfarkt
• Krebs
• Schlaganfall
Wenn Sie sich in diesen Symptomen und Krankheitsbildern wiedererkennen, wird es höchste Zeit, sich um eine Verbesserung Ihres Gesundheitszustandes zu bemühen.
Gewichtsprobleme aus ayurvedischer Sicht
Ayurveda sieht den maßgeblichen Auslöser für dieses Ungleichgewicht in einem falschen Lebensstil. Zu den ausschlaggebenden Faktoren gehören hierbei:
• zu viel Stress und zu wenig Erholungsphasen;
• unregelmäßige und nicht in Ruhe genossene Mahlzeiten;
• zu große Mahlzeiten, zu süße, saure und salzige Speisen;
• zu wenig körperliche Betätigung und unverarbeitete emotionale Belastungen;
• nicht ausreichend auskurierte Krankheiten oder unterschwellig schwelende, unerkannte Probleme (wie Schilddrüsenunter- oder auch -überfunktion, Insulinresistenz).
Sobald auch nur einer dieser Faktoren bei Ihnen vorliegt, wird dadurch Ihr Vata gereizt. Alleine schon eine solche Reizung zieht einige signifikante Störungen nach sich. Wie oben erwähnt, ist Vata die Bioenergie der Bewegung und steuert somit auch die Bewegung der beiden anderen Doshas, Pitta und Kapha:
• Das gestörte Vata führt zu einer Destabilisierung des Nervensystems, die sich beispielsweise in mehr Unruhe und Nervosität äußern kann, in unklarem Denken und Gefühlen von Angst und Unsicherheit.
• Als Folge dieser Destabilisierung wird wiederum Pitta gereizt. Ihr Appetit wird wechselhaft, das Verdauungsfeuer brennt nicht mehr so stark wie zuvor. Die geschwächte Verdauungskraft führt dazu, dass die Nahrung nicht mehr ausreichend aufgespalten werden kann. Es bilden sich Giftstoffe und Schlacken (Ama).
• Unverdaute Proteine blockieren die Kanäle (Srotas). Hierbei handelt es sich um eine Verdauungs- und Verwertungsstörung (ein Kapha-Problem), die dazu führt, dass sich ungesundes Gewebe bildet. Man spricht im Ayurveda von „Medoroga“, einer Erkrankung des Fett-Stoffwechsels sowie der Bildung von Gewebe im Allgemeinen.
Abhängig von Ihrer persönlichen Konstitution kann es sein, dass sich Medoroga entweder in einer Gewichtszu- oder abnahme äußert. In beiden Fällen gilt: Bleiben die Ursachen für das Dosha-Ungleichgewicht bestehen, entsteht ein gefährlicher Kreislauf. Die verstopften Kanäle erlauben es Vata nicht mehr, frei zu fließen und so gerät es noch weiter aus dem Gleichgewicht – was noch mehr Abfallprodukte schafft und die beiden anderen Doshas in ihrer Funktion stört.
Eine erfolgreiche Therapie muss somit an den Ursachen für Ihre Gewichtsprobleme ansetzen. Diese sind individuell und deswegen entscheidet ein Ayurveda-Arzt auch in jedem Fall auf dieser persönlichen Basis und vor Ort, welche Maßnahmen gewählt werden, um die Doshas zu harmonisieren. Das bedeutet in der Praxis ein subtiles Austarieren der Doshas unter Berücksichtigung Ihrer individuellen Bedürfnisse.
Über- und Untergewicht: ayurvedische Therapie
Im Ayurveda ist es sehr wichtig, dass Ihre Diät nicht einfach nur darin besteht, weniger zu essen. Denn damit entsagen Sie sich wichtige Nährstoffe, die Ihr Körper dringend benötigt. Auch ist es keineswegs so, dass ein einfaches Zuviel oder Zuwenig an Nahrung die Gewichtsprobleme verursacht.
Ausgangspunkt der therapeutischen Maßnahmen ist vielmehr eine Beruhigung des Vata-Doshas. Sobald Vata wieder im Gleichgewicht ist und frei fließen kann, beruhigen sich auch Pitta und Kapha – und die Aufnahme und Verwertung der Nahrung normalisiert sich wieder.
Entscheidend ist, dass Vata nicht nur durch Veränderungen in der Ernährung verbessert wird, sondern auch durch Anpassungen im Lebensstil und der geistigen Einstellung. Für eine erfolgreiche Therapie ist es wichtig folgende Punkte zu beachten:
• Führen Sie eine feste Tages-Routine („Dinacharya“) ein und strukturieren Sie ihren Tag klar und regelmäßig.
• Innere Ruhe und Ausgeglichenheit, Stress meiden
• Konstitutionsgerechte Ernährung
• Regelmäßige Mahlzeiten, Ayurveda empfiehlt bis 8 Uhr zu Frühstücken, zwischen 11 und 14 Uhr die Hauptmahlzeit zu sich zu nehmen und bis 19 Uhr zu Abend zu essen. Erst Essen, wenn die vorherige Nahrung verdaut ist.
• Gönnen Sie sich regelmäßige Ruhephasen und nehmen Sie sich nicht zu viel vor.
• Die richtigen, von einem erfahrenen Lehrer für Ihre Konstitution ausgewählten Yoga-Asanas können entscheidend dazu beitragen, dass sich Körper und Geist beruhigen und die Verdauung angeregt wird.
• Auch Meditation kann einen wertvollen Beitrag zur Überwindung von emotionalen Schwierigkeiten wie Wut und unverarbeiteter Trauer leisten.
• Sanfte körperliche Bewegung stärkt Ihren Kreislauf und beseitigt physische Verspannungen.
• Sorgen Sie für ausreichend erholsamen Schlaf. Ayurveda empfiehlt vor 22 Uhr schlafen zu gehen.
Unterstützt werden diese Veränderungen im Lebensstil durch eine Shamana-Therapie mit ayurvedischen Kräutern. Diese helfen einerseits dabei, Vata unter Kontrolle zu bringen und andererseits, ein gesundes Verdauungsfeuer (Agni) zu schaffen.
Die Rückkehr des Verdauungsfeuers – Stärkung des Agni
Wenn das Agni nämlich wieder lodert, entsteht eine Kette an positiven Folgereaktionen, die eine Gewichtsabnahme begünstigen:
• Wenn Ihr Agni wieder lodert, wird die Nahrung besser aufgespalten und somit auch besser vom Körper verwertet.
• Das Ankurbeln des Stoffwechsels führt zur Mobilisierung von bestehendem Fettgewebe, welches allmählich gelöst und ausgeschieden wird.
• Die reduzierte Menge an Fettzellen führt zu einem reduzierten Hungergefühl, der Appetit normalisiert sich.
• Die reduzierte Nahrungsmenge trägt ebenfalls zu einer besseren Verwertung bei. Ihr Körper erholt sich, Schlacken werden abgetragen und die Energien kommen zurück ins Gleichgewicht.
Sobald es Ihre Konstitution erlaubt, wird in den meisten Fällen eine umfassende Reinigungskur („Panchakarma“) durchgeführt. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus verschiedenen genau aufeinander abgestimmten Behandlungsformen, welche überschüssige Abfallstoffe aus dem Körper abführen und für eine Harmonisierung der Doshas sorgen. Inhalt einer Panchakarma-Kur sind beispielsweise Öleinreibungen, eine Nahrungsumstellung oder Schwitzbehandllungen.
Gewicht gewinnen: Warum es so schwer ist
Wie aber sieht es aus, wenn Sie lieber ein paar Kilos zulegen möchten? Diese Variante wird in der westlichen Perspektive kaum berücksichtigt. Das ist alleine schon deswegen ein Versäumnis, weil das gesundheitliche Risiko von Untergewicht zunehmend erkannt wird. Man geht inzwischen davon aus, dass die durchschnittliche Lebenserwartung ebenso unter einem deutlich zu hohen wie zu niedrigen BMI liegt.
Auch hier ist aus ayurvedischer Sicht eine zu geringe Verdauungskraft das Hauptproblem. Zu niedriges Körpergewicht geht sehr oft einher mit mangelndem oder wechselhaftem Appetit und einer Unfähigkeit des Körpers, die zugeführten Nährstoffe vollständig zu verwerten und in neues Gewebe umzuwandeln.
Die psychologische Komponente ist bei Untergewicht ganz besonders wichtig und möglicherweise noch ausgeprägter als bei Fettleibigkeit. Stress, Trauer, ständiger Druck, unterdrückte Aggression und ein Mangel an Selbstliebe führen alle zu einer Überreizung des Nervensystems und somit zu einem Anstieg von Vata. Auch wenn es tendenziell leichter ist, den Körper zum Abbrennen und Abstoßen überschüssiger Fettzellen zu bewegen als zum Aufbau gesunden neuen Gewebes, kann auch eine ayurvedische Therapie zur Gewichtszunahme Erfolg zeitigen.
Gewichtszunahme: Konkrete Ansätze
Dabei werden dieselben ersten Schritte gewählt wie bei einer Gewichtsabnahme, also Änderungen im Lebensstil (einschließlich Yoga und Meditation), Shodana Therapie und Panchakarma. Bei der Nahrung hingegen wird nun ein anderer Ansatz gewählt, bei der Lebensmittel auf den Speiseplan kommen, die einen Vata-beruhigenden, stärkenden und aufbauenden Charakter haben:
• Vermeiden Sie bittere und scharfe Lebensmittel und schränken Sie Gemüse mit einer „zusammenziehenden“ Qualität (welche für das typische Aufrauen der Zunge sorgt) ein.
• Bevorzugen Sie Süßes, Öliges und in kleineren Mengen Salziges und Saures. Der Begriff „Süßes“ umfasst aber – und das ist sehr wichtig – nicht nur Zuckerhaltiges, sondern auch Getreide wie Reis, oder Fette wie Butter/Ghee.
• Besonders gut zum Gewichtsaufbau sind, wenn verträglich, Milchprodukte: Vollmilch, Lassi (aus Wasser und Joghurt) und wenn es die Verdauung zulässt auch Käse, leisten einen Beitrag zu einer Gewichtszunahme. Ebenso die reichliche Verwendung von geklärter Butter (Ghee) zum Kochen, Braten und Backen ist empfehlenswert.
• Schwere Speisen sind leichten vorzuziehen, kühlende besser als erhitzende. Genau wie Ihr Körper nämlich im Winter auf natürliche Weise an Gewicht gewinnt und im Sommer idealerweise diese Masse wieder abstößt, so wird er auch durch kühlende, beruhigende Speisen eher zum Aufbau von Gewicht angeregt.
Der Weg zum gesunden Gewicht ist ein langer. Wer aber bereit ist, die volle Distanz zu gehen, wird darauf nicht nur mit seinem Idealgewicht belohnt – sondern auch mit mehr Lebenskraft, Freude und Gesundheit.